Dysfunktion 1: Fehlendes Vertrauen
Ein hohes Maß an Vertrauen, das aus einer offenen Kommunikationskultur und dem Wissen um die Stärken und Schwächen der einzelnen Teammitglieder resultiert, zeichnet ein exzellentes Team aus. Mangelndes Vertrauen hingegen ist eine Dysfunktion eines Teams.
Softwaretester können Vertrauen aufbauen, indem sie Fehler auf nicht persönliche Weise analysieren und kommunizieren. Ich verwende zum Beispiel selten die Aussage: „Das ist falsch“, sondern „Es gibt eine Abweichung vom erwarteten Ergebnis“. Die letzte Aussage beinhaltet auch den Fall, dass ich falsch lag.
Wo gegenseitige Reflexion ohne Angst vor Vorwürfen möglich ist, entwickelt sich gegenseitiges Vertrauen schneller.
Dysfunktion 2: Angst vor Konflikten
Die Fähigkeit, Meinungsverschiedenheiten zuzulassen und daraus Innovationen zu schaffen, zeichnet ein gutes Team aus. Umgekehrt verlangsamt angepasstes Verhalten die Fähigkeiten eines Teams. Wenn beispielsweise jeder Vorschlag, der zuerst kommt, immer gutgeheißen wird und mögliche Nachteile nicht diskutiert werden, dann wird nie nach besseren Lösungen gesucht.
Tester sollten beispielsweise Entwicklungen nicht nur gegen die Anforderungen testen. Sie sollten auch die Anforderungen selbst kritisch hinterfragen und die Entwickler mit ins Boot holen, wenn sie vermuten, dass ein möglicher Nebeneffekt nicht in Betracht gezogen wird. Aus Zeitgründen wird oft das Argument „works as designed“ verwendet, aber es dauert noch länger, den späteren Nebeneffekt zu beheben. Und sollte sich der ursprüngliche Verdacht als unzutreffend herausstellen, kann er dennoch zu einer genaueren Beschreibung der Anforderungen führen.
Konfliktfähigkeit ist daher Ausdruck einer enthusiastischen und erwachsenen Teamkultur und steht in engem Zusammenhang mit dem bisherigen Thema Vertrauen.
Dysfunktion 3: Mangelndes Engagement
In guten Teams ziehen alle an einem Strang, unterstützen sich gegenseitig und alle kennen und verfolgen das gemeinsame Ziel. Aber wenn jeder nur auf seinen Vorteil achtet, schadet das der Leistung und Atmosphäre im Team.
Angenommen, ein Tester erfüllt seine Rolle mit Erfahrung und kooperiert mit Anforderungsmanagern oder dem Product Owner und den Entwicklern, den DevOps und allen anderen Teammitgliedern. Dann hat er einen der umfassendsten Überblicke über das Geschehen im Team und kann sehr gut erkennen, wo mangelndes Engagement vorliegt.
Unzureichendes Engagement sollte dann in einem persönlichen Gespräch oder einer Retrospektive abgehandelt werden, da ein einzelnes Teammitglied, das nicht hinter den gemeinsamen Zielen steht, die Gesamtleistung des Teams deutlich mindern kann. Dieser Punkt hängt mit Vertrauen und Konfliktfähigkeit zusammen, die ich bereits erwähnt habe.
Dysfunktion 4: Vermeidung von Eigenverantwortung
Wenn Teammitglieder keine Eigenverantwortung haben (oder haben dürfen), nimmt die Qualität der Teamarbeit zunehmend ab. Dadurch werden die leistungsstärksten Teammitglieder demotiviert, Liefertermine ignoriert und Verantwortung nur noch mit Widerstand übernommen.
Im Gegensatz zu den anderen drei bisher in meinen letzten Posts beschriebenen Teamdysfunktionen sehe ich keinen individuellen Beitrag, den ein Tester leisten kann, um das Entstehen dieser Dysfunktion zu verhindern.
Stattdessen stellen sich folgende allgemeine Fragen: Welche Werte und Vorstellungen hat die Gruppe? Sind sich die Teammitglieder ihrer gemeinsamen Verantwortung als Team bewusst und welche individuellen Ziele werden verfolgt? Diese Fragen sollten offen diskutiert und beantwortet werden.
Dysfunktion 5: Fehlende Ergebnisorientierung
Leistungsstarke Teams bestechen durch ihren starken Fokus auf gute Ergebnisse. Alle wollen gemeinsame Ziele erreichen und sich dabei gegenseitig helfen und motivieren. Auch starke Egos sind in einem guten Team dem gemeinsamen Erfolg untergeordnet.
Die Arbeit mit Zielen kann die Ergebnisorientierung eines Teams verbessern. Wichtig ist jedoch, dass nur das Was und nicht das Wie definiert wird. Andernfalls werden die intrinsischen Motivatoren eines Teams geschwächt, was sich auf die bereits genannte Eigenverantwortung des gesamten Teams auswirkt.
Auch ein Tester muss sich hier an die Nase fassen und sollte wissen, wann die zu erwartenden Testergebnisse gut genug sind und welcher Grad der Testabdeckung für welche Fokusbereiche notwendig ist, um das definierte Ziel zu erreichen.
Die 5 Dysfunktionen eines Teams sind aus dem gleichnamigen Buch von Patrick Lencioni zitiert, das ich dir wärmstens empfehlen kann.
Viel Spaß beim Testen und Entwickeln!